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Simplicity – Prozesse & Produkte einfach machen!

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Gerade im Online Bereich besteht bei der Vermarktung und dem Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen nicht selten eine zentrale Herausforderung darin, komplexe Produkte möglichst einfach darzustellen oder auch komplexe Prozesse für den Online-Nutzer möglichst einfach zu gestalten. Diese Herausforderung gilt sicherlich nicht nur für den Online-Bereich, spielt hier aber erfahrungsgemäß eine noch wichtigere Rolle als im Offline-Bereich, da online der Wettbewerb nur einen klick und somit nur ein paar Sekunden entfernt lauert und sich somit eine andere Konkurrenzsituation als beispielsweise im klassischen Einzelhandel ergibt.

In meinem folgenden Blogbeitrag möchte ich mich mit genau dieser skizzierten Thematik beschäftigen und der Frage nachgehen, wie man sich grundlegend der Herausforderung stellen kann, Produkte und Prozesse zu vereinfachen.

Vor einigen Wochen durfte ich an einem Workshop teilnehmen, der sich mit diesen Themen beschäftigte und mit “Simplicity“ ein Modell zur Vereinfachung von Produkten, Dienstleistungen und Prozessen behandelt hat. Dieses Modell möchte ich Euch gern näher bringen.

Das Modell „Simplicity“ gibt fünf Prinzipien mit an die Hand, wie man gezielt einen Prozess der

© flown/ PIXELIO

© flown/ PIXELIO

Vereinfachung durchlaufen kann. Die Prinzipien sollen als Leitlinien gedacht sein, an denen man sich orientieren kann, die aber auch ergänzt, hinterfragt und bei bestimmten Produkten & Prozessen auch verworfen werden können, weil sie hier einfach nicht sinnvoll einzusetzen sind. Ich halte es beispielsweise für sinnvoll, sich sein eigenes Produkt, seine Dienstleistungen oder konkrete Prozesse vorzunehmen und nach dem Modell zu bewerten.

Im weiteren Verlauf möchte ich eine konkretes Beispielprojekt anhand der vorzustellenden Prinzipien „optimieren“, um die Wirkungsweise der Prinzipien verdeutlichen zu können. Mein Beispielprojekt soll im Folgenden ein Onlineshop für Tennisprodukte sein, einfach weil ich privat ein begeisterter Tennisspieler bin :-)

1.) Restrukturieren

Das erste Prinzip der Restrukturierung beschäftigt sich mit 3 Strategien. Im Kern geht es um die Neuausrichtung von Strukturen, Prozessen oder Sortierungen:

  • Eine neue Ordnung schaffen:

Hier könnte man für seinen Tennis-Versand überlegen, welche Sortimentsgestaltung man aktuell verwendet? Und ob hier eine andere Sortierung zu wählen wäre. So z.B. nicht nur nach Marken und Produktkategorien sondern alternativ nach Nutzer-Typen, also Beginner, Freizeitspieler, Turnierspieler, Profi, Trainer oder auch Agressiver-Spielertyp, Defensiver-Spielertyp, etc zu sortieren.

Weiteres Beispiel wäre die Sortierung der Produkte nach Outfits. Also wenn der Kunde beispielsweise einen bestimmten Spieler bei einem Turnier gesehen hat und genau dieses Outfit auch zusammengestellt haben möchte.

 

  • Module & kleine Einheiten bilden:

Auch diese Strategie bezieht sich auf die Produktgestaltung. Für meinen Tennis-Shop könnte ich überlegen, spezifische Produktbundles neben den Einzelprodukten für die neu definierten Nutzer-Typen anzubieten: Beginnerpaket (Einsteigerschläger mit entsprechender Besaitung, Trainingsbälle, Grundausrüstung mit Hemd, Hose, Schuhen, etc.), Turnierpaket (3x Schläger, große Schläger-Tasche, Turnierbälle, etc.). Hierzu könnte ich dann eine Online-Hilfe anbieten, die den Kunden bei der Zusammenstellung der konkreten Produkte hilft.

  • Masse & Ausnahme separieren:

Dieser Strategie könnte ich mich über die Daten aus meiner Web-Analyse annähern. Wo bewegt sich der Großteil meiner Website-Nutzer und wo sind eher die Trampelpfade am Rand? Ein Beispiel könnte sich auf den Bestellprozess beziehen. Wenn ich erkenne, dass ein signifikanter Teil meiner Kunden aus der Schweiz oder Österreich kommt und ich an diese Destinationen auch versende, könnte es sich für mich lohnen, gleich auf der Startseite den Hinweis dazu zu geben, dass ich auch nach Österreich und in die Schweiz versende. Darüber hinaus sollte ich die Option u.a. auch per Schnellauswahl bei der Versandadresse im Bestellprozess ermöglichen. Im Gegensatz dazu brauche ich die Cayman-Inseln nicht berücksichtigen, wenn ich nicht dorthin versende und hier auch keine Kunden habe  :-)

2.) Weglassen

Das zweite Prinzip des „Weglassens“ beschäftigt sich im Fokus mit der Reduzierung von Prozessen und Funktionen: 

  • Vergangenheit betrachten

Hier könnte ich ebenfalls wieder meine Web-Analyse-Daten hernehmen, um zu bewerten, welche Produkte und Produktkategorien nicht gut funktionieren, um hier die Gründe herauszuarbeiten und ggf. das Sortiment zu optimieren und Ladenhüter nicht mehr anzubieten.

  • Tätigkeiten delegieren

Ziel sollte es sein, dass ich Aufgaben an die Nutzer übertrage, statt Sie selbst durchzuführen. So könnte ich statt Produktbeschreibungen auf die Eckdaten reduzieren und zusätzlich Kundenbewertungen oder Videos von Kunden einholen, die die Produkte testen (z.B. Schlägertest beim Training). Zur Motivation könnte man den Kunden als Gegenleistung für die Testvideos Gutscheine oder Vergünstigungen anbieten. Vorteile: weniger Aufwand für mich und zudem der bekannte positive Effekt von Kundenstimmen :-)

  • Funktionen/ Elemente streichen

Bei dieser Strategie sollte ich den Umfang an Funktionen, Features und Elementen hinterfragen, die ich in meinem Shop anbiete. Sind alle nützlich und haben sie ihre Berechtigung bei der Hinführung zur Kundenbestellung? Auch hier können mir die Web-Analyse-Daten Auskunft über die Nutzungsgewohnheiten durch die Website-Besucher liefern. Funktionen, die einfach nicht genutzt werden, sollte ich dann rigoros hinterfragen und ggf. streichen. Z.B. bei der mobilen Version meiner Website (vielleicht reicht hier die Telefonnummer auf der Startseite zur Kontaktaufnahme statt der Adresse, etc.)

 3.) Ergänzen

Das dritte Prinzip konzentriert sich auf die Neugestaltung und Zusammenführung von Bestandteilen zu neuen Elementen & Prozessen:

  • Funktionen oder Elemente kombinieren

Wenn ich mein Sortiment umgestalte und mehr Bundles/ Pakete anbiete, kann ich dies mit der

© Tim Reckman/ PIXELIO

© Tim Reckman/ PIXELIO

Möglichkeit eines Service-Chats kombinieren, wo Kunden bei der konkreten Zusammenstellung der Bundles beraten werden. Ein weiteres Beispiel wäre die Ergänzung meines Sortiments durch Kooperationen mit Tennisschulen, Anbietern für Tennisreisen o.ä., die ich mit in meinem Sortiment anbiete, die Kunden jedoch hier weiterleite.

 4.) Ersetzen

Das vierte Prinzip versucht, neue Ideen und Sichtweisen hervorzubringen, aus denen neuer Input entstehen soll:

  • Grundlegendes Wegdenken

Ein Beispiel hierfür wäre das grundlegende Hinterfragen des Versendens der bestellten Tennis-Artikel. Warum kooperiere ich nicht mit lokalen Einzelhändlern, also Sportgeschäften, bei denen meine Kunden die bestellten Artikel abholen können? Auch wenn eine solche Idee im ersten Schritt alles andere als sinnvoll und durchdacht erscheint, kann sie aber bei näherem Betrachten und Analysieren weitere, vorher nicht erkannte Optionen, eröffnen und bis zu einer spannenden tatsächlich nutzbaren Alternative “weitergesponnen“ werden.

  • Konzept übertragen

Warum nicht mal bei anderen Online-Tennis-Versendern schauen, welche Funktionen, Ideen interessant erscheinen und auch in meinem Shop sinnvoll angewendet werden können?

5.) Wahrnehmen

Dieses Prinzip bringt den Kundennutzen nochmals in den Fokus. Also der Kunde soll die Vereinfachung auch direkt spüren bzw. erfahren können:

  • Zeit verkürzen

Bei dieser Strategie geht es darum, dass für den Kunden Einfachheit auch erlebbar gemacht wird.

Beispiel: In der Zeit, bis der Kunde die von ihm bestellte Ware bekommt, erhält er je nach bestelltem Produkt-Bundle Tutorial Mails mit spezifischen informativen Inhalten, die die Vorfreude auf die bestellten Produkte erhöhen soll und die Lieferzeit gefühlt verkürzen soll, z.B. für Beginner erste Praxisübungen, die man auch ohne Trainer alleine zu Hause machen kann. Ein zusätzliches Beispiel wäre die Angabe über das Lieferdatum eines Produktes schon im ersten Schritt des Bestellprozesses anzugeben:

Natürlich lassen sich für jedes Prinzip unzählige weitere Beispiele finden. Wichtig jedoch in meinen Augen ist es, wenn es um das Thema Einfachheit und Reduzierung von Komplexität geht, diese Prinzipien einmal an den eigenen Produkten, Prozessen und Projekten anzuwenden und zu hinterfragen. Ich finde, auf diese Weise ergibt sich schon ein ganz guter Leitfaden, ob das, was man da tut, wirklich zur Vereinfachung von etwas beiträgt oder nicht.

Wer sich tiefergehend mit dem Simplicity-Modell beschäftigen möchte, dem sei das Buch “simplicity. Prinzipien der Einfachheit“ von Chris Brügger, Michael Hartschen und Jiri Scherer wärmstens ans Herz gelegt. Wie ich oben erwähnt habe, kann man zu dem Thema auch Workshops buchen. Ich habe beispielsweise an einem Workshop teilgenommen, den Jirir Scherer gehalten hat. Weitere Informationen dazu findet ihr auf der Website des Beratungsunternehmens Denkmotor.

Ich hoffe, Euch mit dem Artikel ein wenig Inspiration und mit den Prinzipen konkrete Ansätze zur Arbeit mit dem Thema Vereinfachung mitgeben zu können.

Gruß, binstins



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